Zwischen der Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zur Pfändung einer Forderung und dem Beschlusserlass vergehen oft etliche Tage, wenn nicht Wochen. Ohne weitere Maßnahmen kann der Gläubiger in dieser Zeit nur hoffen, dass ihm nicht andere Gläubiger zuvorkommen und ihre Ansprüche geltend machen und dass der Schuldner nicht aktiv wird, um sich der Pfändung zu entziehen.
Als schnelle Sicherungsmaßnahme gibt es im Zwangsvollstreckungsrecht das Instrument der Vorpfändung – auch vorläufiges Zahlungsverbot genannt.
Rechtliche Grundlage
Geregelt ist die Vorpfändung in § 845 ZPO (Zivilprozessordnung). Danach kann ein Gläubiger bereits vor der Zwangsvollstreckung dem Schuldner und seinem Drittschuldner per Gerichtsvollzieher eine schriftliche Benachrichtigung über die bevorstehende Pfändung zustellen lassen.
Mit der Benachrichtigung wird der Schuldner zugleich aufgefordert, jede Verfügung im Zusammenhang mit der pfändungsbetroffenen Forderung zu unterlassen. Der Drittschuldner wird gleichzeitig aufgefordert, keine Zahlungen mehr im Rahmen der Forderungsverhältnisses vorzunehmen – daher: Zahlungsverbot.
Durch schnelles Handeln Vorrang sichern
Der Sinn und Zweck wird am praktischen Beispiel deutlich. Vorpfändungen betreffen oft Bankkonten oder Gehaltszahlungen. Drittschuldner ist hier die Bank des Schuldners bzw. der Arbeitgeber. Die Bank wird nach Zustellung der Vorpfändung das Konto sperren.
Dem Arbeitgeber ist es untersagt, Zahlungen im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrags zu veranlassen. Und der Schuldner selbst ist aufgefordert, mit der Vorpfändungszustellung auf sein Konto nicht mehr zuzugreifen, also keine Barabhebungen vorzunehmen, Überweisungen zu veranlassen usw..
Das Zahlungsverbot gilt nicht nur im Verhältnis von Schuldner und Drittschuldnern, sondern auch gegenüber anderen Gläubigern – selbst wenn diese zwischenzeitlich einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vorweisen können. Die Vorpfändung bewirkt zum Beispiel, dass kein anderer Gläubiger „vorgepfändetes“ Gehalt pfänden lassen kann.
Mit der Vorpfändung ist der Vorrang gegenüber anderen Gläubigern gesichert. Allerdings handelt es sich um eine vorläufige Sicherung. Die tatsächliche Pfändung muss binnen eines Monats nach Zustellung der Vorpfändungsnachricht bewirkt werden (§ 845 Abs. 2 ZPO), sonst erlischt der Vorrang und die Vorpfändung wird gegenstandslos.
Oft überraschend und mit gravierenden Folgen
Voraussetzung für die Vorpfändung ist stets ein (zumindest vorläufig) vollstreckbarer Schuldtitel. Die Vorpfändungsmitteilung muss alle Angaben enthalten, die der spätere Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufweist: Gläubiger, Schuldner, Drittschuldner, die Forderung, wegen der die Zwangsvollstreckung erfolgt, und die Forderung des Schuldners, auf die sich die Pfändung bezieht. Der Vollstreckungstitel muss dem Schuldner noch nicht zugestellt worden sein.
Das führt oft dazu, dass Schuldner von der Vorpfändungsnachricht überrascht werden. Die Folgen der Vorpfändung sind gravierend: die laufende Gehaltszahlung ist ggf. komplett blockiert und/oder das Bankkonto wird gesperrt. Weitere Probleme im Zusammenhang mit sonstigen Zahlungsverpflichtungen sind vorprogrammiert und können kurzfristig akut werden.
Vorzeichen einer möglichen Vorpfändung
Auch wenn die Vorpfändungsmitteilung überraschend sein mag, sie kommt selten „aus heiterem Himmel“. Stets vorausgegangen ist eine gravierende Zahlungsstörung bei bestehenden Zahlungsverpflichtungen mit Mahnungen.
Indizien dafür, dass eine Vorpfändung drohen könnte, sind:
- Die Ankündigung des Gläubigers, bei weiterhin nicht erfolgenden Zahlungen Rechtsmittel einlegen zu wollen.
- Die Zustellung eines Mahnbescheids im Rahmen eines gerichtlichen Mahnverfahrens – der Mahnbescheid bildet die Vorstufe des Vollstreckungsbescheids.
- Der Gläubiger hat Klage auf Bezahlung seiner Forderung eingereicht.
Was tun gegen Vorpfändungen … das P-Konto
Um sich vor drohender Vorpfändung beim Girokonto zu schützen, können Sie als Schuldner Ihr Konto in ein Pfändungsschutzkonto (kurz: P-Konto) umwandeln. Das muss selbstredend erfolgen, bevor eine Vorpfändung wirksam werden kann.
Beim P-Konto handelt es sich stets um ein Einzelkonto, das ausschließlich auf Guthabenbasis geführt wird. Die Bank ist verpflichtet, ein bestehendes Konto innerhalb von vier Geschäftstagen als P-Konto einzurichten, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind.
Durch das P-Konto ist der Pfändungsfreibetrag vor Pfändung geschützt und Sie dürfen weiter Verfügungen vornehmen. Der unpfändbare Sockelbetrag beträgt seit Juli 2024 1.491,75 Euro pro Monat (siehe Pfändungstabelle 2024/2025), bei Unterhaltsverpflichtungen ist er höher (siehe P-Konto-Bescheinigung). Ein P-Konto bedeutet allerdings nicht, dass eine Vorpfändung komplett wirkungslos bleibt. Bei Guthaben über dem Freibetrag ist diese weiterhin möglich.
Die beste Maßnahme gegen eine Vorpfändung ist sicher, es erst gar nicht so weit kommen zu lassen und vorab eine einvernehmliche Lösung für Zahlungsprobleme zu suchen oder gegen ungerechtfertigte Pfändungsbemühungen vorzugehen – zum Beispiel mit Unterstützung einer kompetenten Schuldnerberatung.
FAQ
Was ist eine Vorpfändung?
Die Vorpfändung ist die Mitteilung des Gläubigers an einen Schuldner und seinen Drittschuldner über die bevorstehende Pfändung einer Forderung – verbunden mit der Aufforderung, Verfügungen und Zahlungen zu unterlassen.
Wie lange gilt eine Vorpfändung?
Die Vorpfändung wird nach einem Monat gegenstandslos.
Was kann man gegen eine Vorpfändung tun?
Die wirksamste Gegenmaßnahme ist die Umwandlung des Kontos in ein P-Konto. Guthaben bis zur Höhe des Pfändungsfreibetrags sind dann vor (Vor-)Pfändungen geschützt.
Wie läuft eine Vorpfändung ab?
Voraussetzung ist ein zumindest vorläufiger Vollstreckungstitel. Die Vorpfändung muss schriftlich erklärt werden, die Angaben des anstehenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses enthalten und durch einen Gerichtsvollzieher an den Schuldner und Drittschuldner zugestellt werden.
Wie beantragt man eine Vorpfändung?
Die Vorpfändung kann vom Gläubiger bei einem Gerichtsvollzieher beauftragt werden. Dafür gibt es ein bundesweit einheitliches Formularmuster. Der Gläubiger kann die Vorpfändungserklärung auch selbst anfertigen. Wirksam wird die Erklärung erst mit der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.