Eine Insolvenz in Eigenverwaltung bietet zahlungsunfähigen Unternehmen die Möglichkeit, die Insolvenzmasse ihres Betriebs unter Aufsicht eines Sachverwalters selbst zu verwalten.
Auf diese Weise bleibt die Geschäftsführung in der Lage, Entscheidungen zu treffen, und behält die Kontrolle über Ressourcen und Geschäfte.
- Das Wichtigste – kurz & knapp
- Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen
- Alternativen zur Insolvenz in Eigenverwaltung
- Der typische Ablauf
- Vorteile
- Nachteil: Mögliche Haftung der Geschäftsführer
- Auswirkungen auf den Betrieb
- FAQ
- Was bedeutet vorläufige Eigenverwaltung?
- Wer zahlt das Gehalt bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung?
- Was bedeutet Insolvenz in Eigenverwaltung für die Mitarbeiter?
- Wie läuft eine Insolvenz in Eigenverwaltung ab?
- Was bedeutet Eigenverwaltungsverfahren?
- Wer kann Insolvenz in Eigenverwaltung beantragen?
- Wann ist Insolvenz in Eigenverwaltung möglich?
- Wie lange kann eine Insolvenz in Eigenverwaltung dauern?
- Noch Fragen?
Das Wichtigste – kurz & knapp
- Zahlungsunfähige und überschuldete Unternehmen können statt der Regelinsolvenz die Insolvenz in Eigenverwaltung beantragen.
- Im Eigenverwaltungsverfahren führt das Unternehmen die Geschäfte unter Aufsicht eines Sachverwalters weiter.
- Die Geschäftsführung muss einen Insolvenzplan vorlegen und sich darum kümmern, die Ansprüche von Gläubigern zu befriedigen.
Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen
Gesetzliche Grundlage für die Insolvenz in Eigenverwaltung ist das Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG). Details zum Eigenverwaltungsverfahren regelt § 270 der Insolvenzordnung (InsO).
Anders als in der Regelinsolvenz bestimmt im Eigenverwaltungsverfahren die Geschäftsführung über den Sanierungskurs des Unternehmens, allerdings unter Aufsicht eines Sachverwalters.
Um eine Insolvenz in Eigenverwaltung beantragen zu können, muss das Unternehmen entweder zahlungsunfähig oder überschuldet sein. Weiterhin darf keine Gefahr für die Insolvenzmasse bestehen. Die Geschäftsführung muss also in der Lage sein, das Unternehmen effizient zu sanieren, ohne Gläubigerinteressen zu gefährden.
Alternativen zur Insolvenz in Eigenverwaltung
Für Unternehmen, die überschuldet oder von Zahlungsunfähigkeit bedroht, aber nicht zahlungsunfähig sind, stellt das Schutzschirmverfahren eine Alternative dar (§ 270d InsO). Das Schutzschirmverfahren verbindet die vorläufige Eigenverwaltung mit einer frühzeitigen Vorlage des Insolvenzplans.
Anders als im herkömmlichen Eigenverwaltungsverfahren können Unternehmen den Sachverwalter für das Schutzschirmverfahren weitgehend frei wählen. Das Verfahren ist zudem kürzer, geht aber i.d.R. mit höheren Kosten einher als eine Insolvenz in Eigenverwaltung.
Der typische Ablauf
Das Eigenverwaltungsverfahren läuft in mehreren Phasen ab:
- Antrag: Die Insolvenz in Eigenverwaltung ist vor dem zuständigen Insolvenzgericht zu beantragen. Zum Antrag gehören unter anderem ein Finanzplan, ein Konzept für die Durchführung des Insolvenzverfahrens und eine Darstellung des Verhandlungsstands mit den Gläubigern (§ 270a InsO). Die Geschäftsführung kann diesen Antrag grundsätzlich selbst stellen. Da an den Antrag jedoch hohe Anforderungen geknüpft werden, ist es ratsam, einen erfahrenen Berater hinzuzuziehen.
- Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung: Ist der Eigenverwaltungsplan des Unternehmens schlüssig, ordnet das Gericht die vorläufige Eigenverwaltung an (§ 270b InsO) und bestellt einen vorläufigen Sachverwalter (§ 270c InsO).
- Verfahrenseröffnung und Gläubigerversammlung: Die vorläufige Eigenverwaltung endet meist nach etwa zwei bis drei Monaten mit der Verfahrenseröffnung. Das Gericht bestellt nun einen Sachverwalter (§ 270f InsO). Häufig ist dieser mit dem vorläufigen Sachverwalter identisch. Einige Wochen später findet die Gläubigerversammlung statt. Während dieser Versammlung wird der Insolvenzplan besprochen. Darüber hinaus werden die Weichen für die Unternehmenssanierung gestellt.
- Umsetzung des Insolvenzplans und Unternehmenssanierung: Im nächsten Schritt wird der Insolvenzplan umgesetzt, um die Sanierung zu erreichen und die Ansprüche der Gläubiger zu befriedigen. Die Dauer dieser Phase richtet sich nach der Unternehmensgröße und -struktur, der Schuldensumme sowie der Anzahl der Gläubiger und hängt auch davon ab, wie gut alle Beteiligten zusammenarbeiten. Bei guter Vorbereitung und Zusammenarbeit kann das Eigenverwaltungsverfahren nach sechs bis neun Monaten abgeschlossen sein.
Vorteile
Eine Insolvenz in Eigenverwaltung bietet Unternehmen mehrere Vorteile:
- Die Geschäftsführung führt das Unternehmen unter Aufsicht des Sachverwalters eigenverantwortlich fort und entscheidet über alle Vorgänge, die den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb betreffen.
- Die Geschäftsführung bleibt Ansprechpartner für Vertragspartner, Kunden und Lieferanten. Wichtige Kontakte bleiben erhalten, ebenso wie Know-how zu Produkten und zum Markt.
- Die vorläufige Eigenverwaltung wird nicht öffentlich bekannt gegeben und führt so im Gegensatz zur Regelinsolvenz nicht zum Reputationsverlust.
- Während der vorläufigen Eigenverwaltung ist keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen.
- Um die Personalkosten zu decken, erhalten Unternehmen in Eigenverwaltung drei Monate lang Insolvenzgeld von der Agentur für Arbeit.
Nachteil: Mögliche Haftung der Geschäftsführer
Einen Nachteil birgt die Insolvenz in Eigenverwaltung allerdings auch: Die Geschäftsführung steht weiterhin gegenüber Gläubigern und Mitarbeitern in der Haftung. Das bedeutet, sie kann bei Fehlern und Verzögerungen haftbar gemacht werden. Scheitert die Unternehmenssanierung, besteht zudem das Risiko, dass der Ruf der Geschäftsleitung leidet.
Auswirkungen auf den Betrieb
Das Insolvenzgeld der Agentur für Arbeit stellt sicher, dass Beschäftigte ihr Gehalt in den ersten Monaten des Eigenverwaltungsverfahrens weiter erhalten. Bis zur Insolvenzeröffnung gelten zudem die Kündigungsfristen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 622 BGB) bzw. die im Arbeits- oder Tarifvertrag festgesetzten Fristen.
Für Geschäftsführer bedeutet das Eigenverwaltungsverfahren, dass sie die Verfügungsgewalt über das Unternehmen behalten, zugleich aber die Aufgaben des Insolvenzverwalters übernehmen und sich um die Sanierung kümmern müssen.
FAQ
Was bedeutet vorläufige Eigenverwaltung?
Sie geht dem eigentlichen Eigenverwaltungsverfahren voraus. Anstelle eines Insolvenzverwalters wird ein vorläufiger Sachverwalter bestellt, die Geschäftsführung behält die Verfügungsgewalt über das Unternehmen.
Wer zahlt das Gehalt bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung?
Das Gehalt wird für rund drei Monate durch das Insolvenzgeld der Agentur für Arbeit abgedeckt.
Was bedeutet Insolvenz in Eigenverwaltung für die Mitarbeiter?
Für Mitarbeiter bedeutet das Eigenverwaltungsgefahren, dass ihr Arbeitsplatz und ihr Gehalt gesichert sind. Bis zur Insolvenzeröffnung gelten die im BGB, Arbeits- oder Tarifvertrag festgehaltenen Kündigungsfristen.
Wie läuft eine Insolvenz in Eigenverwaltung ab?
Nach der Antragstellung wird zunächst die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet und das Gericht bestellt einen vorläufigen Sachverwalter. Zwei bis drei Monate später startet das eigentliche Verfahren. Ein endgültiger Sachverwalter wird bestellt und auf der Gläubigerversammlung wird der Insolvenzplan festgelegt. Anschließend geht es daran, die Ansprüche von Gläubigern zu befriedigen und das Unternehmen zu sanieren.
Was bedeutet Eigenverwaltungsverfahren?
Ein Eigenverwaltungsverfahren ist ein Insolvenzverfahren, in dem die Geschäftsführung den Betrieb unter Aufsicht eines Sachverwalters fortführt und dabei gewissermaßen die Aufgaben eines Insolvenzverwalters übernimmt.
Wer kann Insolvenz in Eigenverwaltung beantragen?
Der Antrag kann von der Geschäftsführung gestellt werden. Da die Anforderungen sehr hoch sind, wird am besten ein erfahrener Rechtsbeistand hinzugezogen.
Wann ist Insolvenz in Eigenverwaltung möglich?
Diese Variante des Insolvenzverfahrens ist möglich, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist und wenn keine Gefahr für die Insolvenzmasse besteht.
Wie lange kann eine Insolvenz in Eigenverwaltung dauern?
Die Dauer hängt von mehreren Faktoren ab: der Höhe der Schulden, der Unternehmensgröße und -struktur, der Anzahl der Gläubiger und der Effizienz der Zusammenarbeit. Bei guter Vorbereitung kann das Verfahren nach sechs bis neun Monaten abgeschlossen werden.
Foto: mipan / stock.adobe.com
Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.