Schulden können sich erdrückend anfühlen. Das gilt insbesondere, wenn Sie sehr hohe Schulden haben. 20.000 Euro, 50.000 Euro oder gar 100.000 Euro – wie werden Sie einen solchen Schuldenberg wieder los? Die gute Nachricht: Auch sehr hohe Schulden lassen sich abbauen.
Der folgende Artikel gibt Ihnen Tipps, wie das gelingt.
Das Wichtigste – kurz & knapp
- Schulden lassen sich unterteilen in Investitionsschulden und Konsumschulden.
- Möchten Sie Ihre Schulden loswerden, haben Sie drei Möglichkeiten: abzahlen, einen Schuldenvergleich erzielen oder Privatinsolvenz anmelden.
- Falls Sie es nicht auf eigene Faust schaffen, hilft eine professionelle Schuldnerberatung weiter.
Investitionsschulden und Konsumschulden
… oder: Um welche Schulden handelt es sich eigentlich?
Selbst sehr hohe Schulden sind nicht unbedingt etwas Negatives. Grundsätzlich lassen sie sich nämlich in zwei Arten unterteilen: Investitionsschulden und Konsumschulden.
- Investitionsschulden umfassen Kredite und Darlehen für Anschaffungen, die im Wert steigen oder zumindest ihren Wert erhalten. Dazu gehören zum Beispiel Immobilienkredite, Investitionen ins eigene Unternehmen oder die Ausbildungsfinanzierung. Diese Schulden werden auch als „gute“ Schulden bezeichnet.
- Konsumschulden umfassen Schulden für Güter, die schnell an Wert verlieren, etwa Smartphones oder Fernseher, ebenso wie Kredite für Urlaube oder Spielschulden. Und genau das wird für viele Menschen zum (Geld)Problem.
So werden Sie auch sehr hohe Schulden los
Ein Berg von 50.000 Euro Schulden oder mehr kann unüberwindbar erscheinen. Doch auch Summen in solchen Sphären lassen sich abbauen.
Im Prinzip haben Sie drei Möglichkeiten:
- Sie bezahlen Ihre Schulden ab.
- Sie erwirken einen Schuldenvergleich mit Ihren Gläubigern und zahlen nur eine Teilsumme.
- Sie melden Privatinsolvenz an.
Ohne fremde Hilfe schuldenfrei werden
Im ersten Schritt sollten Sie versuchen, Ihre Schulden selbst abzubauen. Dabei hilft der folgende Fahrplan:
1. Überblick verschaffen
Möchten Sie Ihre Schulden loswerden, verschaffen Sie sich zunächst den Überblick über alle Gläubiger und offenen Forderungen. Stellen Sie dann Ihre Ausgaben und Einnahmen gegenüber. Zu diesem Zweck eignet sich ein klassisches Haushaltsbuch in Papierform oder als App.
2. Schuldenbereinigungsplan
Stellen Sie einen Schuldenbereinigungsplan auf, in dem Sie Ihre Schulden priorisieren, also festlegen, welche Sie zuerst abbezahlen. Kümmern Sie sich zunächst um die Beträge, die Ihre Existenz gefährden könnten, etwa Mietschulden oder Ausstände bei Strom- und Gasanbietern. Haben Sie diese besonders dringlichen Schulden beglichen, zahlen Sie kleine Ausstände zurück. Auf diese Weise verschaffen Sie sich ein Erfolgserlebnis. Versuchen Sie für größere, nicht existenzbedrohende Forderungen Ratenzahlungen mit den Gläubigern zu vereinbaren.
3. Ausgaben senken
Das Haushaltsbuch zeigt Ihnen, wo Sie sparen können. Kündigen Sie Abos und Vereinsmitgliedschaften, suchen Sie nach einem günstigeren Strom- und Telefonanbieter und nach Alternativen für teure Versicherungen.
4. Einnahmen erhöhen
Suchen Sie nach Wegen, um Ihre Einnahmen zu erhöhen. Sie können zum Beispiel einen Nebenjob annehmen, Überstunden oder Sonderschichten einlegen oder nicht mehr benötigte Dinge verkaufen.
5. Umschuldungskredit aufnehmen
Haben Sie Zahlungsrückstände bei vielen Gläubigern, kann eine Umschuldung sinnvoll sein. Das Prinzip: Sie nehmen einen Ratenkredit auf, bezahlen mit dem Geld die vielen Einzelforderungen ab und müssen dann nur noch eine einzige Rate an den Kreditgeber zurückzahlen. Finden Sie ein günstiges Kreditangebot, können Sie durch eine Umschuldung die Zinslast deutlich reduzieren. Achten Sie jedoch darauf, dass Sie sich die monatliche Rate auch leisten können.
Unterstützung durch eine professionelle Schuldnerberatung
Reichen die genannten Maßnahmen nicht aus, um 50.000 Euro oder mehr an Schulden loszuwerden, nehmen Sie die Hilfe einer staatlich anerkannten Schuldnerberatungsstelle oder eines Fachanwalts in Anspruch.
Unsere erfahrenen Berater helfen Ihnen, Ihre Verbindlichkeiten zu ordnen, und unterstützen Sie bei der Kontaktaufnahme mit den Gläubigern.
Das wichtigste Werkzeug der Entschuldung ist der außergerichtliche Schuldenvergleich. Dabei verzichten die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen, um eine Privatinsolvenz des Schuldners und damit den möglichen Totalverlust zu vermeiden. Auf diesem Wege können Sie Ihre Schulden besonders schnell bereinigen.
Dem außergerichtlichen Schuldenvergleich müssen allerdings alle Gläubiger zustimmen. Lassen sie sich nicht dazu bewegen, gilt der Schuldenvergleich als gescheitert. Ihnen bleibt nun noch der Weg in die Privatinsolvenz.
Während der sogenannten Wohlverhaltensphase stehen Ihr Einkommen und Vermögen unter gerichtlicher Verwaltung. Alle Einnahmen, die über der gesetzlichen Pfändungsfreigrenze liegen, werden an die Gläubiger abgeführt. Nach drei Jahren können Sie die Restschuldbefreiung bewirken und sind anschließend wieder schuldenfrei.
Wie Sie sehen, müssen Sie also auch sehr hohe Schulden nicht ein Leben lang belasten. Wichtig ist, dass Sie den Schuldenabbau aktiv in Angriff nehmen, ggf. mit professioneller Hilfe.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.