EuGH-Urteil: Dämpfer für den Schufa-Score

EuGH-Urteil: Dämpfer für den Schufa-Score

In einem Urteil vom 7. Dezember 2023 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Anwendung des Schufa-Scores eingeschränkt. Unternehmen dürfen das Scoring nun nicht mehr ausschließlich als Grundlage für einen Vertragsabschluss mit Kunden nutzen.

Was das Urteil konkret für Verbraucher, für Unternehmen und die Schufa selbst bedeutet, erklärt der folgende Artikel.

Schufa: Bonitätsauskunft bei Kreditvergabe und Vertragsabschluss

Wer in Deutschland einen Kredit aufnehmen möchte, muss eine Bonitätsauskunft der Schufa vorlegen. Auch beim Abschluss anderer Verträge sowie bei der Anmietung einer Wohnung ist das Scoring der größten deutschen Wirtschaftsauskunftei eine bedeutende Informationsquelle.

Rund 10.000 Vertragspartner der Schufa ziehen das Scoring für ihre Entscheidungen heran. Insgesamt sind Informationen zu rund 68 Millionen Menschen bei der Schufa hinterlegt.

In den vergangenen Jahren geriet die Auskunftei aber immer stärker in die Kritik. Unter anderem wird ihr mangelnde Transparenz vorgeworfen. So legt die Schufa zum Beispiel nicht offen, wie genau sich der Score berechnet, den ihre Vertragspartner zur Einschätzung der Bonität heranziehen.

Das Argument der Schufa: Läge das Berechnungsmodell offen, ließe sich der Score manipulieren.

EuGH-Urteil: Schufa-Scoring in gewissen Fällen unzulässig

Für ihr intransparentes Vorgehen hat die Schufa nun einen ersten Dämpfer vor dem EuGH in Luxemburg erhalten. Bei dem Verfahren ging es um die Frage, ob das Schufa-Scoring einer sogenannten „automatisierten Entscheidung im Einzelfall“ gleichkommt, wie sie in § 22 der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) definiert ist.

Hintergrund sind mehrere Fälle aus Deutschland. In einem dieser Fälle verweigerte die Schufa, der Klägerin die genaue Berechnung ihres Scores mitzuteilen. Die Klägerin zog vor das Verwaltungsgericht Wiesbaden, das den Fall an den EuGH weiterreichte, um dort das Verhältnis des Schufa-Scorings zur DSGVO klären zu lassen.

Dem EuGH zufolge ist der Schufa-Score in diesem konkreten Fall tatsächlich als eine automatisierte Einzelfallentscheidung anzusehen, also als verbotenes automatisiertes Datensammeln. Man müsse nämlich davon ausgehen, dass die Vertragsentscheidung allein vom Scoring der Kundin abhing.

Wie geht es nach der Entscheidung des EuGH weiter?

Das europäische Recht erlaubt im Datenschutz nationale Sonderregelungen. Der EuGH hat den Fall daher ans Wiesbadener Verwaltungsgericht zurückgewiesen. Dort sollen die Richter prüfen, ob es im deutschen Bundesdatenschutzgesetz eine gültige Ausnahmeregelung für das Verbot der automatisierten Einzelfallentscheidung gibt.

Sollte das der Fall sein, könnte das deutsche Gesetz gegen die Grundsätze des europäischen Rechts verstoßen.

Die Bedeutung des EuGH-Urteils für Unternehmen und die Schufa

Finden die Wiesbadener Richter keine Ausnahmeregelung, ist das Schufa-Scoring in seiner derzeitigen Form unzulässig – zumindest, wenn Unternehmen es als alleinige Basis für ihre Vertragsentscheidung nutzen. Das bedeutet, Firmen müssen dann auch andere Informationen berücksichtigen, wenn sie Verträge mit Verbrauchern abschließen.

Die Schufa sieht ihre Arbeitsweise dadurch aber nicht eingeschränkt. In einer ersten Reaktion auf das Urteil erklärte sie, dass Unternehmen und Banken bereits heute ihre Entscheidungen nicht allein auf Grundlage des Scorings treffen würden.

Die Signale aus Luxemburg lassen allerdings darauf schließen, dass die Schufa sich bei der Datensammlung und dem Bewerten künftig an engere Voraussetzungen halten muss.

Was bedeutet das EuGH-Urteil für Verbraucher?

Verbraucher können nach dem Urteil des EuGH auf mehr Transparenz hoffen. Sie haben jetzt einen Anspruch auf Auskunft und können zum Beispiel fragen, auf Basis welcher Daten die Schufa ihre Bonitätseinschätzung berechnet.

Bekommen nun auch verschuldete Personen bzw. Menschen mit einem schlechten Schufa-Score einfacher einen Kredit?

Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Um Zahlungsausfälle zu vermeiden, beziehen Banken bei der Kreditvergabe auch andere Faktoren in ihre Entscheidung ein.

So berücksichtigen sie etwa, ob ein regelmäßiges Einkommen oder eventuelle Sicherheiten vorhanden sind. Personen mit schlechter finanzieller Ausgangslage haben daher vermutlich weiterhin eher geringe Aussichten auf einen günstigen Ratenkredit.

Beim Abschluss anderer Verträge allerdings stellt ein schlechter Schufa-Score nun nicht mehr unbedingt ein Hindernis dar.

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Foto: U. J. Alexander / stock.adobe.com

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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