Insolvenz wegen Scheidung oder Scheidung wegen Insolvenz?

Insolvenz wegen Scheidung oder Scheidung wegen Insolvenz?

Manchmal geraten Personen nach einer Scheidung in finanzielle Nöte und müssen darüber nachdenken, eine Privatinsolvenz anzumelden. Manchmal ist es aber auch genau umgekehrt. Dann sind finanzielle Schwierigkeiten und eine darauf folgende Insolvenz ausschlaggebend für eine Scheidung. In diesem Artikel schauen wir uns die mögliche Wechselwirkung von Scheidung und Insolvenz einmal genauer an.

Früher gab es weniger Scheidungen

Früher war alles besser? Mag sein. Vielleicht aber auch nicht. Sicherlich war die Zahl der Scheidungen in den 1950er Jahren relativ gering. Ein durchaus positiver Aspekt. Zugegeben. Damals kam, Statistiken zufolge, auf 12 Eheschließungen eine Scheidung.

Heute sieht das Ganze anders aus. In der Tat haben sich die Zeiten geändert: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2014 sage und schreibe 166.199 Ehen geschieden. Dabei belief sich die durchschnittliche Dauer einer Ehe auf etwa 14,7 Jahre.

Hochgerechnet hat sich die Zahl der Ehescheidungen innerhalb der vergangenen 50 Jahre drastisch erhöht. Fakt ist auch, dass mit einer Scheidung meist ein hoher Kostenaufwand einhergeht. Während es innerhalb einer Ehe meist üblich und zudem leichter möglich ist, finanzielle Hürden gemeinschaftlich zu meistern, sieht es nach einer Trennung nicht mehr ganz so rosig aus.

Eine Scheidung kann zur Insolvenz führen

Jeder der beiden Betroffenen sieht sich nun finanziellen Verpflichtungen gegenüber. Hier ist nicht nur von den bisherigen Kosten pro Monat die Rede, sondern es kommen unter anderem noch die Aufwendungen für den Scheidungsanwalt, Unterhaltszahlungen etc. hinzu. Diese Zusatzbelastungen sind für einen allein oft nicht tragbar.

Warum nicht? Weil sich das Einkommen erfahrungsgemäß eher nicht den zusätzlichen finanziellen Belastungen anpasst. Im Gegenteil. So dreht sich die Abwärtsspirale in die Schuldenfalle häufig immer schneller – bis diese eines Tages buchstäblich zuschnappt. In einer solchen Situation ist es meist unausweichlich, den Weg in die Verbraucherinsolvenz zu gehen.

Finanzielle Belastungen sind Hindernisse, die manchmal nur schwerlich zu bewältigen sind. So führt eine Scheidung unter bestimmten Voraussetzungen sogar dazu, dass der Weg in die Privatinsolvenz gegangen werden muss. Aus dieser Misere allein wieder heraus zu kommen, erweist sich oft als schwierig. Es sei denn, man hat einen erfahrenen Profi zur Seite stehen, der einem mit Rat und Tat „unter die Arme greift“.

Insolvenz als Ursache für eine Scheidung

Mindestens genauso häufig kommt es aber auch vor, dass Geldsorgen oder gar eine Verbraucherinsolvenz das Ende einer Ehe einläuten. „Bis dass der Tod uns scheidet…“? Dieses traditionsreiche Versprechen kann heute nur noch selten „bis zum bitteren Ende“ eingehalten werden. Zu schwerwiegend sind oft die finanziellen Schwierigkeiten, mit denen Männer und Frauen zu kämpfen haben.

Verglichen mit der Mentalität der Menschen in den „guten, alten Zeiten“ ist man heute weitaus eigenständiger, selbstbewusster – und auch weniger tolerant. Früher ging man eine Ehe ein in der Absicht, gemeinsam alt zu werden. In guten, wie in schlechten Zeiten. Heute sind beide Ehepartner, selbst innerhalb einer gut funktionierenden Partnerschaft, vorwiegend Einzelkämpfer: Beide sind meist berufstätig oder wollen sich auf andere Weise verwirklichen.

Schließlich möchte man sich gemeinsam etwas Schönes gönnen, zusammen in den Urlaub fahren, Kinder großziehen usw. Weil aber jeder der beiden Partner tagtäglich neue berufliche oder schulische Herausforderungen zu bewältigen hat, sich weiter entwickeln will, und weil auch der Freundeskreis gehegt und gepflegt werden will, entwickeln sich manche Ehepaare in unterschiedliche Richtungen. Es fällt ihnen zunehmend schwerer, einen gemeinsamen Nenner innerhalb ihrer Beziehung zu finden.

Dieses „Phänomen“ existierte in den 1950er und 1960er Jahren kaum. Heute hingegen ist es fast gängiger Alltag. Man ist eigenständiger, selbstbewusster, und damit nicht selten auch weniger bereit, Kompromisse einzugehen. So auch dann, wenn es darum geht, dem jeweils anderen zu helfen, ihn zu unterstützen. Auch in finanzieller Hinsicht. Natürlich ist dieser Aspekt nur eine Erklärung von vielen für die steigende Anzahl der Scheidungen in der heutigen, ach so modernen Zeit – aber einer, der eine Beziehung enorm belasten kann.

Chancen für einen Neuanfang

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne …“ Was Hermann Hesse in seinem Gedicht „Stufen“ so treffend beschreibt, gilt auch für eine Scheidung – und eine Privatinsolvenz. Die Gemeinsamkeit beider Prozesse besteht darin, dass sie einen Neuanfang ermöglichen. Wer eines von beiden (oder gar beides) durchlebt, sollte sich diese Möglichkeit immer vor Augen führen und optimistisch in die Zukunft blicken.

 

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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