Schulden bei der Krankenkasse - was tun?
Dank der gesetzlichen Krankenkassen müssen Bürger in Deutschland nicht für jeden Arztbesuch selbst in die Tasche greifen. Trotzdem sind monatlich Beiträge an die Krankenkasse zu zahlen. In gewissen Konstellationen können diese Zahlungsverpflichtungen zur finanziellen Herausforderung werden.
Sollten Sie Ihre Krankenkassenbeiträge nicht mehr bezahlen können, droht schon nach kurzer Zeit ein Verlust des Leistungsanspruchs. Unser Artikel erklärt Ihnen, wie Sie mit Schulden bei der Krankenkasse richtig umgehen und wie Sie diese loswerden können.
Muss ich mich überhaupt bei einer Krankenkasse absichern?
Ja, seit dem 1. Januar 2009 gilt in Deutschland eine Krankenversicherungspflicht. Jeder Bundesbürger muss bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sein oder einen Volltarif der privaten Krankenversicherung (PKV) abschließen.
Die Mitgliedschaft in der PKV steht dabei nur einem eher kleinen Personenkreis offen, beispielsweise Beamten, Selbständigen oder Angestellten mit einem hohen Jahreseinkommen. Für einen Großteil der Menschen in Deutschland gilt also die Versicherungspflicht bei einer gesetzlichen Krankenkasse.
Bei Angestellten werden die Beiträge automatisch vom Gehalt abgezogen und an die Kasse abgeführt. Dementsprechend gibt es hier kein Risiko, Schulden gegenüber der Krankenversicherung anzuhäufen.
Müssen Sie sich aber beispielsweise als Selbständiger in Eigenregie um die Beitragszahlung kümmern, kann es zu einem Beitragsrückstand und somit zu Schulden bei der Krankenkasse kommen.
Was passiert, wenn ich Schulden bei der Krankenkasse habe?
Sobald bereits ein Monatsbeitrag aussteht, dürfte Ihre Krankenkasse Kontakt zu Ihnen aufnehmen. Dies muss noch keine offizielle Mahnung sein, sondern eine allgemeine Mitteilung, dass Sie der Krankenkasse noch Geld schulden. Hierauf schnell zu reagieren ist sinnvoll, da schon kurze Zeit später ein Verlust des Leistungsanspruchs droht.
Sollten zwei oder mehr Monatsbeiträge ausstehen, wird Ihnen die Krankenkasse mitteilen, dass die Leistungen ruhen. Sie müssten jetzt selbst für alle Kosten aufkommen, wenn Sie zum Arzt gehen oder Medikamente benötigen.
In dieser Situation verstoßen Sie jedoch nicht gegen die gesetzliche Versicherungspflicht. Sie sind formal weiterhin versichert, erhalten jedoch keine Leistungen.
Es gibt Ausnahmen, bei denen Sie weiterhin auf grundlegende Leistungen Ihrer Krankenkasse vertrauen können. Hierzu gehört die Kostenübernahme in folgenden Fällen:
- medizinische Versorgung bei einem Notfall/Unfall
- während der Schwangerschaft
- bei einer akuten und schweren Erkrankung
Nach persönlicher Absprache kann die Krankenkasse Leistungen unter dem Vorbehalt gewähren, dass Sie Ihre Schulden bis zu einem bestimmten Zeitpunkt tilgen. Ein offenes Gespräch mit Ihrer gesetzlichen Krankenkasse und eine Schilderung Ihrer finanziellen Situation ist zu empfehlen, um eine schnelle Lösung für das Problem zu finden.
Welche Konsequenzen drohen mir bei der Verschuldung?
Sollte sich nichts an der Verschuldung ändern, kann die Krankenkasse die bestehenden Ansprüche gerichtlich gegen Sie durchsetzen. Kommt es nicht zu einer gütlichen Einigung, kann das Gericht eine Zwangsvollstreckung anordnen. Hierfür werden beispielsweise Teile Ihres Hausrates oder andere Besitztümer verpfändet.
Ratenzahlung nach individueller Absprache
So problematisch Schulden bei der Krankenkasse sind, lässt sich oft eine einvernehmliche Lösung finden. Viele Krankenkassen sind beispielsweise zu einer Ratenzahlung bereit, um alle zustehenden Beiträge zu erhalten. Lässt sich hier eine Einigung treffen, bleibt der Leistungsanspruch bestehen. Das heißt: Selbst wenn Sie noch nicht alle Schulden bei der Krankenkasse getilgt haben, dürfen Sie trotzdem mit dem vollen Leistungsanspruch beim Arztbesuch rechnen.
Das Wichtigste ist, offen mit der Situation umzugehen und den stetigen Austausch mit der Krankenkasse zu suchen. Diese kann sich als kooperativ erweisen und Ihre Lebenssituation berücksichtigen. Auf zustehende Beiträge wird die Krankenkasse deshalb aber i.d.R. nicht verzichten.
Lassen Sie sich helfen!
Falls es Ihnen aus irgendwelchen Gründen schwerfällt, die Krankenkasse selbst zu kontaktieren, sollten Sie eine Vertrauensperson um Hilfe bitten. Handelt es sich bei Ihnen um eine generelle Schuldenproblematik, ist professionelle Unterstützung ratsam.
Unsere Schuldnerberater können Ihnen mit ihrer langjährigen Erfahrung meist relativ schnell Wege und Möglichkeiten aufzeigen, mit denen Sie Ihre Schulden loswerden können.
Die beste Option ist dabei immer der außergerichtliche Schuldenvergleich. Und selbst wenn dieser scheitern sollte, bleibt Ihnen noch die Privatinsolvenz. Damit sind Sie nach max. 3 Jahren schuldenfrei.
FAQ
Was passiert, wenn man Schulden bei der Krankenkasse hat?
Schulden Sie der Krankenkasse wenigstens zwei Monatsraten, ruht der Leistungsanspruch. Nur für die Kosten schwerer und akuter Erkrankungen kommt die Krankenkasse dann noch auf. Außerdem wird die Krankenkasse die ausstehenden Beiträge einfordern, ggf. gerichtlich durch ein Mahnverfahren.
Bin ich trotz Schulden bei der Krankenkasse versichert?
Wenn Sie der Krankenkasse mehr als zwei Monatsraten schulden, haben Sie keinen Leistungsanspruch mehr. Nur in besonderen Situationen wie der ärztlichen Behandlung nach einem Unfall oder in der Schwangerschaft dürfen Sie mit Leistungen der Krankenkasse rechnen.
Wann verjähren Schulden bei der Krankenkasse?
Die Verjährung ist durch den § 25 (1) SGB IV geregelt. Sie findet vier Jahre nach dem Kalenderjahr statt, in dem Ihre Schulden bei der Krankenkasse entstanden sind.
Kann die Krankenkasse Schulden erlassen?
Ja, im direkten Gespräch und bei Schilderung der persönlichen Situation könnte die Krankenkasse Schulden erlassen. Das ist aber nicht üblich. Es kann sich auch über eine Form der Entschuldung, beispielsweise durch Ratenzahlung, mit der Krankenkasse geeignet werden.
Was darf die Krankenkasse pfänden?
Eine Pfändung der ausstehenden Beiträge ist möglich und gesetzlich erlaubt. Was für den Beitragsrückstand konkret gepfändet wird, legt das zuständige Gericht im Einzelfall fest.
Kann ich zum Arzt, obwohl ich Schulden bei der Krankenkasse habe?
Ein Arztbesuch kann teuer werden, da die Leistungspflicht der Krankenkasse nach zwei ausstehenden Monatsbeiträgen erlischt. Nur im Notfall, bei akuten Schmerzen oder in der Schwangerschaft dürften die Arztkosten übernommen werden.
Wie werde ich meine Schulden bei der Krankenkasse los?
Eine Rückzahlung der Schulden sollte mit der Krankenkasse individuell besprochen werden. Denkbar ist eine Zahlung auf Raten oder ein Verkauf von Hab und Gut, um der Beitragspflicht nachzukommen.
Kann man trotz Schulden bei der Krankenkasse wechseln?
Grundsätzlich ja, wobei Sie nach dem Wechsel zu einer Krankenkasse zunächst 18 Monate an diese gebunden sind. Durch den Wechsel zu einer neuen Krankenkasse bleiben die Ansprüche der alten Kasse jedoch weiterhin bestehen.
Kann man Schulden bei der Krankenkasse in Raten zahlen?
Ja, dies ist möglich. Hier sollte mit der Krankenkasse individuell abgesprochen werden, wie sich eine Rückzahlung am besten abwickeln lässt.
Droht "Knast", wenn man Schulden bei der Krankenkasse nicht zahlen kann?
Nein, allein wegen der Schulden muss man heutzutage nicht mit einer Gefängnisstrafe rechnen. Die schlimmste Folge könnte eine Pfändung von persönlichem Hab und Gut sein. "Knast" bzw. Haft droht nicht.
Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.