§ 300 InsO (Wahlrecht des Insolvenzverwalters)
Gesetzestext
(1) Das Insolvenzgericht entscheidet nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters oder Treuhänders und des Schuldners durch Beschluss über die Erteilung der Restschuldbefreiung, wenn die Abtretungsfrist ohne vorzeitige Beendigung verstrichen ist. Hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens berichtigt, entscheidet das Gericht auf seinen Antrag, wenn
1. im Verfahren kein Insolvenzgläubiger eine Forderung angemeldet hat oder wenn die Forderungen der Insolvenzgläubiger befriedigt sind und der Schuldner die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt hat,
2. drei Jahre der Abtretungsfrist verstrichen sind und dem Insolvenzverwalter oder Treuhänder innerhalb dieses Zeitraums ein Betrag zugeflossen ist, der eine Befriedigung der Forderungen der Insolvenzgläubiger in Höhe von mindestens 35 Prozent ermöglicht, oder
3. fünf Jahre der Abtretungsfrist verstrichen sind.
Satz 1 gilt entsprechend. Eine Forderung wird bei der Ermittlung des Prozentsatzes nach Satz 2 Nummer 2 berücksichtigt, wenn sie in das Schlussverzeichnis aufgenommen wurde. Fehlt ein Schlussverzeichnis, so wird eine Forderung berücksichtigt, die als festgestellt gilt oder deren Gläubiger entsprechend § 189 Absatz 1 Feststellungsklage erhoben oder das Verfahren in dem früher anhängigen Rechtsstreit aufgenommen hat.
(2) In den Fällen von Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 ist der Antrag nur zulässig, wenn Angaben gemacht werden über die Herkunft der Mittel, die an den Treuhänder geflossen sind und die über die Beträge hinausgehen, die von der Abtretungserklärung erfasst sind. Der Schuldner hat zu erklären, dass die Angaben nach Satz 1 richtig und vollständig sind. Das Vorliegen der Voraussetzungen von Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 3 ist vom Schuldner glaubhaft zu machen.
(3) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn die Voraussetzungen des § 290 Absatz 1, des § 296 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 3, des § 297 oder des § 297a vorliegen, oder auf Antrag des Treuhänders, wenn die Voraussetzungen des § 298 vorliegen.
(4) Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen. Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der bei der Anhörung nach Absatz 1 die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt oder der das Nichtvorliegen der Voraussetzungen einer vorzeitigen Restschuldbefreiung nach Absatz 1 Satz 2 geltend gemacht hat, die sofortige Beschwerde zu. Wird Restschuldbefreiung nach Absatz 1 Satz 2 erteilt, gelten die §§ 299 und 300a entsprechend.
(Stand: 23. Juli 2018 - https://www.gesetze-im-internet.de/inso/)
§ 300 InsO - das sollten Sie wissen!
Worum geht es in § 300 InsO?
Die Entscheidung über die Restschuldbefreiung, mit der dem Schuldner im Rahmen einer Privatinsolvenz oder Regelinsolvenz unter anderem nach Verstreichen einer Wohlverhaltensperiode restliche Schulden erlassen werden, hat große Bedeutung für alle Verfahrensbeteiligten einer Insolvenz. Für den Schuldner bedeutet sie einen schuldenfreien Neuanfang, für die Insolvenzgläubiger den endgültigen Ausfall von Forderungen.
§ 300 InsO regelt das Verfahren zu dieser bedeutsamen Entscheidung.
Das Insolvenzgericht entscheidet nach Anhörung aller Verfahrensbeteiligten
- spätestens nach Ende der Abtretungsfrist.
Hat der Schuldner die Verfahrenskosten berichtigt, kommt unter bestimmten Voraussetzungen eine frühere Entscheidung auf Antrag in Betracht, etwa, wenn
- der Schuldner 35% der Verbindlichkeiten befriedigt hat nach 3 Jahren von Beginn der Abtretungsfrist.
- ohne Frist bei vollständiger Befriedigung der Gläubiger und Ausgleich der Masseverbindlichkeiten.
- bei nicht vorhandenen Anmeldungen von Forderungen im Gläubigerverzeichnis
- nach 5 Jahren.
Bei den einzelnen Alternativen müssen unter Umständen besondere Nachweise erbracht werden, etwa bei Gläubigerbefriedigung ein Herkunftsnachweis für die dafür eingesetzten Mittel.
§ 300 InsO weist auch auf die Möglichkeit für die Insolvenzgläubiger hin, einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen. Gegen Beschlüsse in der Entscheidung über die Restschuldbefreiung ist für Schuldner und Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde gegeben.
Praxisrelevanz
Hier spielen oft Details wie Formfragen eine Rolle, die den Beteiligten zunächst so nicht bewusst sind. So entscheiden Gerichte vielfach im Sinne der Verfahrensökonomie, was nicht immer zugunsten der Gläubiger ausfallen muss.
Einschlägig ist etwa eine Entscheidung zu einer im Internet veröffentlichten Frist für den Rechtsbehelf, die der Insolvenzgläubiger versäumt hat:
Nach § 300 Abs. 3 Satz 2 InsO steht die Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem die Restschuldbefreiung erteilt worden ist, jedem Insolvenzgläubiger zu, der bei der Anhörung nach § 300 Abs. 1 InsO die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat. Die dazu erforderliche Anhörung zum Schuldnerantrag kann nach herrschender Meinung auch in der Weise erfolgen, dass in einem online zu veröffentlichenden Beschluss die Frist bestimmt wird, innerhalb derer die Insolvenzgläubiger Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung stellen können. (BGH Beschluss vom 18. 10. 2012 zum AZ: IX ZB 131/10)