PRIVATINSOLVENZ: VORTEILE UND NACHTEILE

PRIVATINSOLVENZ: VORTEILE UND NACHTEILE

Die Privatinsolvenz dauert maximal drei Jahre. Wenn ein außergerichtlicher Vergleich nicht klappt, bietet die Insolvenz für zahlungsunfähige bzw. überschuldete Verbraucher die Möglichkeit, sich in absehbarer Zeit von ihren Schulden zu befreien.

Wenn Ihnen die Schulden scheinbar unaufhaltsam über den Kopf wachsen und eine Einigung mit Ihren Gläubigern unmöglich ist, sollten Sie über einen Insolvenzantrag nachdenken.

In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, warum die Vorteile einer Privatinsolvenz deutlich überwiegen!

Problem: Schulden - Lösung: Privatinsolvenz / Figur steht vor einem Scheideweg

Privatinsolvenz Ablauf – kurz & knapp

Bevor wir die Pros und Kontras beschreiben, hier die wichtigsten Informationen darüber, wie eine Privatinsolvenz im Normalfall abläuft:

  1. Außergerichtliche Schuldenbereinigung: Versuch einer Einigung mit den Gläubigern.
  2. Bescheinigung des Scheiterns: Ausstellung gem. § 305 InsO, z.B. durch eine Schuldnerberatung.
  3. Insolvenzantrag: Vorliegen eines Insolvenzgrunds, ausreichende Insolvenzmasse, ordnungsgemäß ausgefüllte Formulare.
  4. Eröffnung des Insolvenzverfahrens: Bekanntmachung der Privatinsolvenz, Verwertung des pfändbaren Vermögens.
  5. Wohlverhaltensphase: Abtretung des pfändbaren Einkommens, Beachtung der Obliegenheiten.
  6. Restschuldbefreiung (nach max. drei Jahren): Erlass aller Schulden, finanzieller Neustart.

Abgrenzung Privatinsolvenz und Regelinsolvenz

Schaubild: Abgrenzung von Privatinsolvenz und Regelinsolvenz

Die Privatinsolvenz ist ein vereinfachtes Insolvenzverfahren, das Sie durchlaufen dürfen, wenn Sie …

  • noch nie selbständig waren oder
  • selbständig waren, aber überschaubare Vermögensverhältnisse nachweisen können und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen mehr bestehen.

Ist das nicht der Fall, gilt für Sie die Regelinsolvenz, das allgemeine Insolvenzverfahren in Deutschland.

Ihre Vorteile

Nach einer Gesetzesänderung Ende 2020 dauern Insolvenzverfahren nur noch maximal drei Jahre. Das gilt für Privatinsolvenzverfahren und Regelinsolvenzverfahren. Vorher betrug die Höchstdauer sechs Jahre. Sie sind also schneller schuldenfrei und können finanziell neu durchstarten. Noch schneller geht es nur mit einem außergerichtlichen Vergleich oder einem Insolvenzplanverfahren.

Die Privatinsolvenz hat nicht nur aus finanzieller, sondern auch aus psychischer Sicht viele Vorteile. Waren Sie vorher dem Druck Ihrer Gläubiger und den Vollstreckungsversuchen von Gerichtsvollziehern ausgeliefert, können Sie nun Ihre Geschicke wieder weitestgehend selbst bestimmen. Da Partner, Familie und Freunde häufig mit leiden, werden auch sie entlastet.

Mit der Einleitung des Insolvenzverfahrens beginnt Ihre Entschuldung. Durch die festgelegten „Spielregeln“ ist von Anfang an klar, wann Sie Ihre Schulden abgetragen haben. Übrigens zahlen viele Schuldner vor dem Insolvenzverfahren oftmals mehr Geld an ihre Gläubiger, als sie es aus rechtlicher Sicht eigentlich müssten. Auch das ist nun vorbei.

Wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, gilt der Pfändungsschutz. Ab sofort ist es Ihren Gläubigern verboten, eine Zwangsvollstreckung durchzuführen. So bleibt Ihr pfändungsfreies Einkommen unangetastet. Ohne Verbraucherinsolvenz dürften Ihre Gläubiger 30 Jahre lang bei Ihnen pfänden.

Welcher Betrag von Ihrem Nettoeinkommen gepfändet werden darf, richtet sich nach den Werten der Pfändungstabelle. Seit 2021 werden die Pfändungsfreigrenzen jährlich aktualisiert und an die Lebenshaltungskosten angepasst. Die aktuelle Pfändungstabelle gilt vom 1. Juli 2022 bis zum 30. Juni 2023.

Tipp: Die Pfändungsfreibeträge für 2023 / 2024, die ab dem 1. Juli 2023 gilt, finden Sie in der neuen Pfändungstabelle.

Mit unserem Pfändungsrechner können Sie (für alle Jahre ab 2002) schnell und einfach ausrechnen, wie hoch der pfändbare und unpfändbare Teil Ihres Einkommens ist.

Rechtsanwalt Oliver Schulz über die wichtigsten Vorteile und Nachteile einer Privatinsolvenz!

Vorteile im Überblick

Sie …

  • haben die Aussicht auf ein schuldenfreies Leben nach maximal 3 Jahren.
  • genießen mit Insolvenzeröffnung Pfändungsschutz. Daher sind Lohnpfändungen oder Kontopfändungen durch Gläubiger (und Gerichtsvollzieher) nicht mehr möglich.
  • werden durch Pfändungsfreigrenzen geschützt (siehe Pfändungstabelle 2022 / 2023). Ihr Existenzminimum ist gesichert.
  • müssen nicht mehr direkt mit Ihren Gläubigern kommunizieren.
  • erhalten keine „bösen Briefe“ mehr, z.B. Mahnungen oder Vollstreckungsbescheide.
  • wissen genau, wie hoch Ihre monatlichen Ausgaben sind. So gewinnen Sie schnell ein Stück Selbstbestimmung zurück.
  • dürfen Verträge beenden und müssen die Kündigungsfrist nicht beachten. Eine Insolvenz ist quasi ein Sonderkündigungsrecht. Das hilft Ihnen beim „Ausmisten“.
  • können in Ihrer Wohnung bleiben. Ihr Vermieter darf Ihnen nicht kündigen.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass eine Privatinsolvenz gewöhnlich ohne größere Probleme durchlaufen wird. Wenn andere das schaffen, schaffen Sie das auch!

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Ihre Nachteile

Sie können die Insolvenz nicht vor Ihrem Arbeitgeber geheim halten. Schließlich zahlt er das pfändbare Einkommen an den Insolvenzverwalter.

Es gibt auch Schulden, von denen Sie nach der Restschuldbefreiung nicht befreit werden. Dazu gehören Verbindlichkeiten aus vorsätzlich unerlaubter Handlung. Dementsprechend bleiben z.B. Schulden wegen Betrugs sowie Bußgelder und andere Strafgelder bestehen.

Das in Deutschland relativ langwierige Verfahren geht für den Verbraucher zudem mit Einschränkungen und Auflagen einher. Sämtliche Finanzen müssen offengelegt werden und das Vermögen wird verpfändet. Sie dürfen u.a. nicht vergessen, dem Verwalter Ihren Wohnorts- oder Arbeitsplatzwechsel mitzuteilen.

Es wird erwartet, dass Sie sich um ein Einkommen bzw. einen Job bemühen. Ein weiterer Nachteil der Privatinsolvenz ist die schlechte Bonität (und ein niedriger Schufa-Score), wodurch die Kreditwürdigkeit sinkt. Dadurch kann es schwer werden, Kredite bzw. Kreditkarten zu bekommen.

Letzten Endes ist dies allerdings in den meisten Fällen ohnehin bereits eingetreten und die Nachteile der Privatinsolvenz sind weniger einschneidend, als es gerade klingen mag.

Zu guter Letzt könnten Sie es als Nachteil empfinden, dass jedes Insolvenzverfahren veröffentlicht wird. Seit 2002 kann man über die Website Insolvenzbekanntmachungen.de eine entsprechende Namensliste einsehen.

Nachteile im Überblick

  • Es bleibt Ihnen monatlich “nur” der pfändungsfreie Betrag des Nettoeinkommens. Den Rest überweisen Sie an den Treuhänder.
  • Sie müssen ggf. Einschränkungen im Konsumverhalten hinnehmen. Der Abschluss von Ratenkrediten ist i.d.R. nicht möglich.
  • Die Vermögensbestandteile, die Sie nicht zwingend zum Leben benötigen, verwertet der Insolvenzverwalter. Dazu kann u.U. auch Ihr Auto gehören.
  • Das Insolvenzverfahren wird öffentlich gemacht (Insolvenzbekanntmachungen). Dritte könnten also erfahren, dass Sie sich in der Privatinsolvenz befinden.
  • Ihr Arbeitgeber weiß über Ihre Privatinsolvenz Bescheid. Da Abläufe in der Lohnbuchhaltung und zusätzliche Arbeit nötig ist, sind viele Arbeitgeber nicht begeistert. Zwar ist die Insolvenz kein Kündigungsgrund, aber in Sachen Probezeit und Jobsuche sicherlich kein Vorteil.
  • Wenn Sie eine neue Wohnung suchen, Verträge wechseln oder einen Kredit beantragen möchten, ist das aufgrund der schlechten Bonität (geringe Kreditwürdigkeit) nur unter erschwerten Bedingungen möglich.
  • Sie dürfen in der Wohlverhaltensphase nicht gegen die 5 Obliegenheiten verstoßen. Dazu gehört eine große Portion Selbstdisziplin.
  • Falls Sie arbeitslos sind, müssen Sie sich in ausreichendem Maße um einen Job bemühen.
  • Einige Schulden verschwinden nicht durch ein Privatinsolvenzverfahren, z.B. Verbindlichkeiten aus vorsätzlich unerlaubten Handlungen. Dazu zählen u.a. Betrug, sowie Bußgelder und Strafgelder.
  • Sie bekommen einen negativen Schufa-Eintrag, der erst drei Jahre nach der Restschuldbefreiung gelöscht wird. Das bremst den finanziellen Neuanfang. HINWEIS: Am 28. März 2023 hat die Schufa angekündigt, die Informationen über abgeschlossene Privatinsolvenzen nur noch 6 Monate zu speichern. Dementsprechend können Betroffene jetzt schneller am Wirtschaftsleben teilnehmen und haben weniger Probleme damit, einen Kredit aufzunehmen, eine Wohnung zu bekommen oder einen Handyvertrag abzuschließen.
  • Im Vergleich zu anderen Ländern ist das Insolvenzverfahren in Deutschland immer noch ein langwieriger Prozess, der mit viel Bürokratie einhergeht.

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Fazit: Die Vorteile überwiegen!

Der wichtigste Vorteil einer Privatinsolvenz ist der, dass Sie anschließend komplett schuldenfrei sind. Sie können bei Null anfangen und haben wieder eine echte Perspektive. Nach drei Jahren – unabhängig von der Schuldensumme – haben Sie keine Schulden mehr.

Fazit - Vorteile überwiegen / Figur mit großer Lupe

Sie müssen keine Besuche vom Gerichtsvollzieher oder überraschende Pfändungen befürchten. Das Existenzminimum ist gesichert. Außerdem fällt es Ihnen wieder leichter, den Überblick über Ihre Finanzen zu behalten.

Da viele Nachteile auch ohne Insolvenzverfahren auftreten und die Gefahr besteht, dass die Situation unter finanziellen, psychischen und sozialen Gesichtspunkten noch weiter außer Kontrolle geraten kann, ist es bei hohen Schulden häufig die richtige Entscheidung, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen und ggf. einen Insolvenzantrag zu stellen.

Die Privatinsolvenz kann auf jeden Fall ein finanzieller Rettungsring sein, insbesondere nach der generellen Verkürzung von Insolvenzverfahren auf maximal drei Jahre!

Statistik: Privatinsolvenzen in Deutschland von 1999 bis 2021

Privatinsolvenzen in Deutschland von 1999 bis 2021
Quelle: DESTATIS

Seit Einführung der Insolvenzordnung im Jahr 1999 haben laut Statistischem Bundesamt über 1,5 Millionen private Verbraucher ein Insolvenzverfahren beantragt. In der Finanzkrise, die 2008 begann, lagen die Zahlen mit bis zu 110.000 Insolvenzanträgen pro Jahr bislang am höchsten. Seit 2012 ist ein Rückgang der Zahlen zu beobachten.

Angesichts der aktuellen Probleme (Ukraine-Krieg, Corona, Klimawandel, Inflation) ist leider damit zu rechnen, dass Privatpersonen vermehrt eine Insolvenz in Anspruch nehmen, um wieder schuldenfrei zu werden.

INFO: Der deutliche Rückgang im Jahr 2020 ist im Prinzip eine Anomalie und lässt sich damit erklären, dass viele Schuldner mit der Insolvenzanmeldung gewartet haben, um von einer Gesetzesänderung zu profitieren (Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens). Anfang 2021 wurde die Dauer von Insolvenzverfahren von maximal 6 Jahre auf 3 Jahre verkürzt.

Top-30-FAQ

1. Was bedeutet Privatinsolvenz?

Der Begriff Insolvenz wird aus dem Lateinischen abgeleitet. Während „solvere“ mit „zahlen“ übersetzt wird, steht „insolventia“ in etwa für „nicht mehr zahlen können“. Privatinsolvenz bedeutet, dass eine Privatperson auf absehbare Zeit nicht in der Lage ist, ihre Rechnungen zu begleichen.

2. Ab wann lohnt sich eine Privatinsolvenz?

Das kann man pauschal schwer sagen. Sie „lohnt“ sich auf jeden Fall, wenn es keinen anderen Weg aus den Schulden mehr gibt und z.B. der Vergleich mit den Gläubigern gescheitert ist. Die Möglichkeit, nach drei Jahren schuldenfrei zu sein, ist dann sozusagen der „Lohn“.

3. Was sind die Voraussetzungen für eine Privatinsolvenz?

Das vereinfachte Insolvenzverfahren ist Privatpersonen oder ehemaligen Selbständigen mit überschaubaren Vermögensverhältnissen vorbehalten, die zahlungsunfähig bzw. überschuldet sind. Darüber hinaus muss eine Bescheinigung nach § 305 InsO darüber vorliegen, dass ein außergerichtlicher Vergleich mit den Gläubigern gescheitert ist.

4. Ab wie viel Euro Schulden kann man Privatinsolvenz anmelden?

Theoretisch wäre ein Insolvenzantrag ab 1 Euro möglich. Wahrscheinlich macht eine Anmeldung aber erst Sinn, wenn man mehr als 5.000 Euro Schulden hat.

5. Wie lange dauert eine Privatinsolvenz?

Maximal drei Jahre! Diese Laufzeit wurde Ende 2020 im „Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens“ festgelegt. 2025 wird geprüft, ob es bei dieser Dauer bleibt. Vorher dauerte das Insolvenzverfahren für private Verbraucher bis zu sechs Jahre.

6. Wie hoch ist der Pfändungsfreibetrag?

Der individuelle Pfändungsfreibetrag ist abhängig vom Nettoeinkommen und den Unterhaltspflichten. Die Pfändungstabelle wird JÄHRLICH aktualisiert. Für den Zeitraum 1. Juli 2022 bis 30. Juni 2023 liegt der unpfändbare Teil bei 1.330,16 Euro. Liegt das Einkommen darunter, darf keine Pfändung vorgenommen werden. Ab einem Nettoverdienst über 4.077,72 Euro wird hingegen voll gepfändet.

7. Welche Schulden fallen nicht in die Privatinsolvenz?

Deliktische Forderungen, d.h. Verbindlichkeiten aus Straftaten sowie Straf- und Bußgelder. Unterhaltsschulden werden nicht getilgt, wenn man vorsätzlich und pflichtwidrig den Unterhalt nicht gezahlt hat.

8. Wo beantrage ich Privatinsolvenz?

Beim zuständigen Insolvenzgericht, das üblicherweise beim Amtsgericht angesiedelt ist.

9. Wie oft kann man Privatinsolvenz anmelden?

In der Regel alle 14 Jahre. Zunächst dauert es drei Jahre bis zur erfolgreichen Restschuldbefreiung. Danach greift eine 11-Jahres-Sperre.

10. Wie viel kostet eine Privatinsolvenz?

Es entstehen i.d.R. Kosten für die außergerichtliche Schuldenregulierung und die Insolvenzantragsstellung. Die Verfahrenskosten, also Gerichtskosten und die Vergütung des Insolvenzverwalters, werden auf Antrag gestundet. Mit den monatlich pfändbaren Beträgen, die man in der Insolvenz abgeben muss, werden dann vorrangig die Verfahrenskosten bezahlt. Bei ganz niedrigen Einkommen werden die Kosten für alle Verfahrensabschnitte gestundet.

11. Bekomme ich eine Wohnung trotz Privatinsolvenz?

Das hängt eher von den Schufa-Einträgen ab und kann in manchen Fällen durchaus schwierig werden.

12. Was passiert mit einem Kredit bzw. Dispo bei Privatinsolvenz?

Alle Verbindlichkeiten, die vor Insolvenzeröffnung bereits begründet waren, darunter laufende Kredite, fallen als Insolvenzforderung in die Insolvenz und werden später von der Restschuldbefreiung umfasst. Das gilt nur, sofern kein sog. Eingehungsbetrug vorliegt. Der Kreditvertrag wird gekündigt, sofern noch nicht geschehen. Man muss die Raten also nicht mehr zahlen.

13. Bekommt man Bescheid, wenn Privatinsolvenz zu Ende ist?

Ja, man erhält den Beschluss über die Erteilung des Restschuldbefreiung und deren Rechtskraft.

14. Wie lange speichert die Schufa die Informationen über abgeschlossene Privatinsolvenzen?

Am 28. März 2023 hat die Schufa angekündigt, diese Daten nur noch sechs Monate zu speichern. Vorher waren es drei Jahre, was schon seit längerer Zeit von vielen Experten kritisiert wurde. Ende April 2023 hat die Schufa die Ankündigung umgesetzt und 250.000 Einträge gelöscht, die älter als sechs Monate sind.

15. Wie viel darf der Ehepartner verdienen?

Unendlich viel …

16. Was bedeutet Wohlverhaltensphase bei Privatinsolvenz?

In der Wohlverhaltensphase (Abtretungsfrist) darf man die 5 Obliegenheiten (§ 295 InsO) nicht verletzen, da sonst die Versagung der Restschuldbefreiung droht. Man muss sich um einen angemessenen Arbeitsplatz bemühen, dem Treuhänder den pfändbaren Teil des Einkommens (und ggf. die Hälfte einer Erbschaft) überlassen, jeden Wechsel von Wohnort oder Arbeitgeber mitteilen und darf keine direkten Zahlungen mehr an einzelne Gläubiger vornehmen.

17. Wann ist Privatinsolvenz nicht möglich?

Wenn man eine Sperre hat aufgrund versagter oder erteilter Restschuldbefreiung. Es kann auch vorkommen, dass es an einem Restschuldbedürfnis fehlt. Das wäre z.B. der Fall, wenn ein Großteil der Schulden nicht von der Restschuldbefreiung erfasst wird und dieser Umstand schon vorher klar ist. Nicht erfasste Schulden sind u.a. solche aus deliktischen Forderungen (wegen Steuerhinterziehung, Betrug etc.).

18. Privatinsolvenz abgelehnt – was nun?

Die Gründe prüfen und dann mit professioneller Hilfe einen korrekten Insolvenzantrag stellen.

19. Was passiert, wenn man aus der Privatinsolvenz rausfliegt?

Je nachdem, was passiert ist, kann man es nach Ablauf der Sperrfristen erneut versuchen. Hier sollte man sich unbedingt professionelle Hilfe für die Antragsstellung als auch für die Betreuung im Verfahren suchen. So ist gewährleistet, dass beim nächsten Mal alles reibungslos abläuft und die Restschuldbefreiung erfolgreich erteilt werden kann.

20. Wo kann ich Insolvenzen einsehen?

Seit 2002 können Insolvenzverfahren von Privatpersonen auf Insolvenzbekanntmachungen.de eingesehen werden. Gerichtsverfahren werden in Deutschland öffentlich gemacht. Für Insolvenzen gilt dahingehend keine Ausnahme.

21. Wann ist man nach einer privaten Insolvenz wieder kreditwürdig?

Bei der Kreditwürdigkeit (Bonität) spielt die Schufa eine wichtige Rolle. Viele Banken und Unternehmen rufen dort vor Vertragsabschluss den Schufa-Score ab, um das Risiko von Zahlungsausfällen zu minimieren. Der Eintrag über die Restschuldbefreiung wirkt sich dabei negativ auf die Bonität aus. Seit April 2023 wird dieser aber nur noch 6 Monate gespeichert – vorher waren es 3 Jahre. Dementsprechend ist man jetzt schneller kreditwürdig. Vorausgesetzt, es gibt keine anderen Faktoren, die die Bonität mindern.

22. Wie lebt man mit Privatinsolvenz?

Die finanzielle Lage ist sehr klar. Vom Nettoeinkommen bleibt der unpfändbare Teil übrig (siehe Pfändungstabelle). Dieser reicht aus, um die Existenz zu sichern. Sofern man sich an die Regeln hält und keine neuen Schulden macht, lebt es sich deutlich entspannter als vorher – die „bösen Briefe“ (Mahnungen, Vollstreckungsbescheide) bleiben aus. Viele Schuldner berichten, dass sie auch besser schlafen. Was aber klar sein muss: In der dreijährigen Abtretungsfrist (Wohlverhaltensphase) sind finanziell keine großen Sprünge möglich, d.h. evtl. muss die Urlaubsreise bescheidener oder ganz ausfallen.

23. Wie lange wird gepfändet?

In § 287 Abs. 2 InsO ist geregelt, dass „der Schuldner […] seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge […] für den Zeitraum von drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt.“ In einfachen Worten: Der pfändbare Teil des Nettoeinkommens wird 3 Jahre lang gepfändet, d.h. während der kompletten Abtretungsfrist (Wohlverhaltensphase).

24. Was darf ich behalten?

Zu Beginn des Insolvenzverfahrens prüft der Insolvenzverwalter, welche Teile des Vermögens verwertbar sind. Dabei muss er sich an § 811 InsO halten (Unpfändbare Sachen und Tiere). Alles, was der Schuldner z.B. für eine bescheidene Lebens- und Haushaltsführung, für die Ausübung seiner Erwerbstätigkeit oder aus gesundheitlichen Gründen benötigt, darf er behalten. Kleidung, Möbel, Haushaltsutensilien und Eheringe sind i.d.R. unpfändbar. Fernseher, Computer und andere Elektronikartikel ebenfalls – sofern es sich nicht um Luxusvarianten handelt. Wird das Auto z.B. für den Arbeitsweg benötigt, darf es nicht gepfändet werden. Hat es aber noch einen hohen Wiederverkaufswert, muss der Schuldner auf einen günstigeren PKW „umsatteln“. Vom Nettoeinkommen bleibt in der Privatinsolvenz der Pfändungsfreibetrag (siehe Pfändungstabelle).

25. Wie kann man Schulden loswerden ohne Privatinsolvenz?

Indem man sich vorher mit den Gläubigern einigt. Das ist mit einem außergerichtlichen Schuldenvergleich möglich, den man am besten mit Unterstützung einer professionellen Schuldnerberatung versucht. Sind alle Gläubiger einverstanden, zahlt der Schuldner i.d.R. eine monatliche Rate. In den meisten Fällen kann die Schuldensumme durch die Verhandlungen (deutlich) reduziert werden.

26. Kann eine Privatinsolvenz scheitern?

Ja, es handelt sich dann genau genommen um eine Versagung der Restschuldbefreiung. Diese kommt zustande, wenn man als Schuldner während der Wohlverhaltensperiode gegen die Obliegenheiten verstößt, z.B. wenn man der Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, falsche Angaben macht oder die Zusammenarbeit in großen Teilen verweigert.

27. Wird eine Immobilie verkauft, wenn man Insolvenz anmeldet?

Die Immobilie wird vom Insolvenzverwalter / Treuhänder verwertet. Mit Insolvenzeröffnung verlieren Sie die Verfügungsbefugnis über Ihr Vermögen, d.h. Sie dürfen Ihre Immobilie nicht mehr veräußern. Es kann auch sein, sofern die Immobilie wertausschöpfend belastet ist, dass der Verwalter die Immobilie freigibt. Die Immobilie kann dann von den Grundschuldgläubigern weiter verwertet werden und auch eigenhändig veräußert werden.

28. Darf ich während eines laufenden Insolvenzverfahrens auswandern?

Ja. Sie benötigen nur bei Antragstellung einen Wohnsitz in Deutschland. Beachten Sie aber, dass die Restschuldbefreiung nur innerhalb der EU wirkt.

29. Was passiert mit einer Steuererstattung während der Privatinsolvenz?

Während der Insolvenzeröffnungsphase fällt die Steuerrückzahlung in die Insolvenzmasse und wird an die Gläubiger weitergegeben. In der Wohlverhaltensphase dürfen Sie das Geld i.d.R. behalten.

30. Was passiert mit Schulden, die während des laufenden Insolvenzverfahrens entstehen?

Es handelt sich dann um neue Schulden. Daher fallen sie nicht unter die Restschuldbefreiung.

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Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
Oliver Schulz

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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