Überschuldung - Definition, Ursachen und Folgen

Überschuldung – Definition, Ursachen und Folgen

In Deutschland gelten über sechs Millionen private Verbraucher als überschuldet. Es steht zu befürchten, dass es angesichts wirtschaftlicher Rezession und dramatisch gestiegener Lebenshaltungskosten noch mehr werden.

Was bedeutet Überschuldung bei Privatpersonen, wie kann es dazu kommen und mit welchen Folgen muss man rechnen?

Diese und andere Fragen beantwortet dieser Beitrag.

Überschuldung bei privaten Haushalten und Unternehmen

„Überschuldung“ ist zunächst ein Rechtsbegriff der Insolvenzordnung (InsO). Nach § 19 InsO bildet sie einen Insolvenzgrund für juristische Personen. Praktisch relevant ist das bei Kapitalgesellschaften (Unternehmen in der Rechtsform der GmbH, AG, KGaA, eG sowie für die GmbH & Co. KG).

Überschuldung als Insolvenzgrund gilt aber auch für juristische Personen wie Verbände, Stiftungen oder Vereine. Per gesetzlicher Definition liegt Überschuldung dann vor, wenn die Verbindlichkeiten das Vermögen übersteigen, das Eigenkapital in der Bilanz also negativ wird.

Im Privatbereich existiert ein solcher juristischer Überschuldungstatbestand nicht. Hier ist „Überschuldung“ ein umgangssprachlicher Begriff. Er bezeichnet einen Verschuldungsumfang, bei dem die Schuldenbedienung (Zins- und Tilgungszahlungen) die Möglichkeiten des Schuldners überfordert.

Die Folge: Über kurz oder lang wird es zu Zahlungsstörungen bzw. zur Zahlungsunfähigkeit kommen. Letztere ist dann nach § 17 InsO ein Insolvenzgrund für eine Privatinsolvenz.

Abgrenzung Schulden vs. Überschuldung

Hohe Schulden bedeuten noch nicht automatisch Überschuldung. Die Verschuldung ist immer im Zusammenhang mit der finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners – der sogenannten Kapitaldienstfähigkeit – zu sehen.

Dabei zählt nicht nur das aktuell vorhandene Vermögen, fast wichtiger sind künftig zu erwartende Einnahmen durch Einkommenserwerb. Ebenso wenig muss Überschuldung schon jetzt Zahlungsunfähigkeit bedeuten.

Oft zeichnet sie sich erst ab und viele Schuldner versuchen, mit zusätzlichen Schulden die drohende Zahlungsunfähigkeit erst einmal abzuwenden. Das gelingt – wenn überhaupt – nur kurzfristig und ist ein weiterer Schritt abwärts in der Schuldenspirale.

Schulden machen ist leicht …

Der Überschuldung geht meistens ein längerer Verschuldungsprozess voraus. Oft steht sie aber auch in Zusammenhang mit ungeplanten und unerwarteten negativen Lebensereignissen. Vorher tragbare Schulden sind dann unter grundsätzlich veränderten Lebensumständen plötzlich nicht mehr tragfähig.

War Schuldenmachen früher verpönt, hat sich das inzwischen gründlich geändert. Der kreditfinanzierte Kauf von Konsumgütern wird heute leicht gemacht – zum Beispiel mit Angebot von Null-Prozent-Finanzierungen und der Möglichkeit, auch größere Anschaffungen in bequemen Raten „abzustottern“.

Ob Auto, Wohnungseinrichtung, elektronische Geräte oder Reisen – Kreditfinanzierung ist im Handel und Dienstleistungsgewerbe ein wichtiges „Verkaufsargument“.

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Gründe für eine Überschuldung

Nicht wenige Verbraucher machen von oben genannten Angeboten im Übermaß Gebrauch. Bei vielen kreditfinanzierten Käufen geht der Überblick schnell verloren und bald türmt sich ein nicht mehr bewältigbarer Schuldenberg auf. Oft wird von der Schuldenfalle gesprochen.

Der Umgang mit Geld will gelernt sein – aber nicht in der Schule. Finanzwissen gehört üblicherweise (leider) nicht zum Schulstoff. Schuldenprobleme junger Menschen hängen oft mit dem Handy zusammen oder mit der Tatsache, dass Wünsche größer sind als die Möglichkeiten. Aber auch viele Erwachsene haben Probleme beim richtigen Umgang mit Geld.

Bei unerwarteten negativen Lebensereignissen sind (längere) Arbeitslosigkeit, schwere Krankheit und Berufsunfähigkeit Hauptursachen für Überschuldung. Alle drei Konstellationen sind für viele Betroffene mit nachhaltigen Einkommenseinbußen verbunden.

Die finanzielle Leistungsfähigkeit leidet darunter massiv – und damit die Schuldenbedienung. Oft steht Überschuldung aber auch im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung. Vermögensaufteilung, Unterhaltszahlungen, doppelte Haushaltsführung statt des bisher gemeinsamen Haushalts, die Verfahrenskosten – das alles zehrt mächtig an der finanziellen Substanz.

Weitere „Fälle“ mit hohem Risiko für Überschuldung sind: unsolide Immobilienfinanzierungen, Spielsucht und gescheiterte Geschäftsmodelle bei selbständigen Tätigkeiten.

Konsequenzen einer Überschuldung

Juristische Personen bzw. deren Vertreter müssen bei Überschuldung einen Insolvenzantrag stellen (§ 15a Abs.1 InsO). Für Privatpersonen besteht eine solche Verpflichtung nicht – wie überhaupt die Beantragung einer Verbraucherinsolvenz freiwillig ist.

Das ermöglicht es den Betroffenen oft, ein Schuldenproblem erst einmal einige Zeit mit sich herumzuschleppen und Schulden weiter aufzutürmen, bis es tatsächlich zur Zahlungsunfähigkeit kommt.

Zahlungsstörungen führen zunächst zu Mahnverfahren, die dann bei fehlender Zahlungsfähigkeit unweigerlich in Maßnahmen zur Zwangsvollstreckung münden (zum Beispiel Kontopfändung, Lohnpfändung, Pfändung von Vermögenswerten).

Das Verbraucherinsolvenzverfahren – umgangssprachlich: Privatinsolvenz – soll überschuldeten Privatpersonen die Möglichkeit für einen finanziellen Neustart eröffnen. Im Jahr 2021 wurde davon in geschätzt 76.500 Fällen Gebrauch gemacht. Angesichts der Zahl der überschuldeten Haushalte in Deutschland von über drei Millionen ist das relativ wenig.

Für die Verbraucherinsolvenz ist ein bestimmtes Prozedere vorgeschrieben. Zunächst muss der Schuldner einen außergerichtlichen Vergleich mit seinen Gläubigern im Rahmen eines Schuldenbereinigungsplans versuchen. Erst wenn dies misslingt, kann der Insolvenzantrag gestellt werden.

Das Gericht bestellt dann einen Insolvenzverwalter und es beginnt eine in der Regel dreijährige Wohlverhaltensphase. In dieser Zeit hat der Schuldner alle Anstrengungen zur Schuldenbedienung zu unternehmen, kann er nur im Rahmen des Pfändungsfreibetrags über Einkünfte verfügen und muss er seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse fortlaufend offenlegen.

Am Ende steht dann die mögliche Restschuldbefreiung als eigentliches Ziel des Verfahrens. Der Zustand der Überschuldung ist dann definitiv beendet.

Prävention und richtiger Umgang mit (hohen) Schulden

Trotzdem: Das Verbraucherinsolvenzverfahren sollte nur die Ultima Ratio für überschuldete Haushalte darstellen – ein letzter Ausweg aus einer verfahrenen Situation.

Wesentlich besser ist es, es erst gar nicht so weit kommen zu lassen. Dafür lässt sich im Vorfeld einiges tun:

1. Systematische Haushaltsplanung

Mit seinem Geld „haushalten“ ist immer ein guter Rat. Ein Haushaltsplan sorgt für Ausgabendisziplin und zeigt, wie viel Geld ggf. übrig ist, um sich Schulden für größere Anschaffungen zu leisten.

2. Vorsorge für Unwägbarkeiten treffen

Man kann sich nicht gegen alle Wechselfälle des Lebens absichern, gegen manche Risiken schon. Ein guter Berufsunfähigkeitsschutz oder eine Restschuldversicherung bei Immobilienfinanzierungen bieten mehr finanzielle Sicherheit.

3. Schuldensituation mit Umschuldung verbessern

Die Umschuldung kann dazu beitragen, wieder Überblick über seine Schulden zu erhalten und gleichzeitig Raten tragfähig zu machen – durch Ablösung vieler Kredite mit einem einzigen Kredit und einer der Kapitaldienstfähigkeit angemessenen Laufzeit.

4. Hilfe durch professionelle Schuldnerberatung nutzen

Last but not least empfiehlt sich Hilfe durch eine professionelle Schuldnerberatung – je früher desto besser und gerade bei fehlendem eigenem Finanz-Know-How.

Im Rahmen des außergerichtlichen Einigungsversuchs vor Beantragung einer Privatinsolvenz ist die Einschaltung einer Schuldnerberatung unverzichtbar, u.a. weil eine qualifizierte Bescheinigung über das Scheitern der Schuldenbereinigung verlangt wird. Auch im Insolvenzverfahren kann eine begleitende Schuldnerberatung wertvolle Dienste leisten.

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FAQ

Was bedeutet Überschuldung?

Für Privathaushalte ein Ausmaß der Verschuldung, bei dem der Kapitaldienst die persönlichen finanziellen Möglichkeiten übersteigt. Im Insolvenzrecht ist Überschuldung bei Kapitalgesellschaften gegeben, wenn die Verbindlichkeiten höher sind als das Vermögen – ein Insolvenzgrund.

Was ist der Unterschied zwischen Verschuldung und Überschuldung?

Verschuldung bezeichnet Schuldenaufnahme zum Zweck der Ausgabenfinanzierung, Überschuldung einen Zustand, in dem Schulden über kurz oder lang nicht mehr bedient werden können. Überschuldung geht stets Verschuldung voraus. Verschuldung bedeutet aber noch nicht automatisch Überschuldung.

Was ist der Unterschied zwischen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung?

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, sobald fällige Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt werden können. Überschuldung führt zwar fast immer irgendwann in die Zahlungsunfähigkeit. Aktuelle Verpflichtungen können aber oft noch bedient werden, so dass noch keine Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist.

Wie sollten Schuldner vorgehen, wenn sich eine Überschuldung abzeichnet?

Zunächst prüfen, ob durch Umschuldung eine Lösung möglich ist. Wenn nein, sollte man versuchen, sich mit seinen Gläubigern außergerichtlich zu einigen. Gelingt das nicht, ist die Verbraucherinsolvenz der letzte Ausweg. Bei all diesen Schritten hilft eine professionelle Schuldnerberatung.

Wie kann man sich vor Überschuldung schützen?

Durch eine systematische Haushaltsplanung und Haushaltsdisziplin. Schulden sollten nur aufgenommen werden, wenn die Tragfähigkeit des Kapitaldiensts sichergestellt ist.

Wann spricht man bei einem Privathaushalt von Überschuldung?

Überschuldung ist bei Privathaushalten ein umgangssprachlicher Begriff. Gemeint ist ein Zustand, bei dem „die Schulden über den Kopf wachsen“ – die Verschuldung also ein Ausmaß annimmt, das im Hinblick auf Zins- und Tilgung erkennbar die finanzielle Leistungsfähigkeit überfordert.

Wer hilft bei Überschuldung?

Kurze Antwort: eine professionelle Schuldnerberatung. Nehmen Sie gerne unsere Hilfe in Anspruch!

Foto: Zerbor / stock.adobe.com

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
Oliver Schulz

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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