Ist eine tarifliche Einmalzahlung pfändbar?

Ist eine tarifliche Einmalzahlung pfändbar?

Manche Tarifverträge sehen zusätzlich zu den monatlichen Bezügen eine jährlich geleistete Einmalzahlung vor. Diese Sonderzahlung soll den Arbeitnehmer für seine Betriebstreue und geleistete Arbeit belohnen.

Was passiert mit der tariflichen Einmalzahlung bei einer Lohnpfändung oder Kontopfändung? Hier gibt es Antworten.

Was ist eine tarifliche Einmalzahlung?

Unter Einmalzahlungen versteht man grundsätzliche alle Zuwendungen, die Arbeitnehmer zusätzlich zum laufenden Entgelt erhalten. Dazu gehören unter anderem das Weihnachtsgeld und das Urlaubsgeld, aber auch Gewinnbeteiligungen oder Jahresprämien. Viele Tarifverträge legen noch eine weitere Einmalzahlung fest, oft auch als Jahressonderzahlung bezeichnet.

Achtung: Der Sprachgebrauch ist nicht einheitlich. So wird der Begriff Einmalzahlung zum Beispiel auch für Leistungen verwendet, die Arbeitnehmer zusätzlich zu einer prozentualen Tariferhöhung erhalten. Beispiel: Eine Gewerkschaft handelt mit den Tarifpartnern eine Gehaltserhöhung um 3,0 Prozent aus. Darüber hinaus wird festgelegt, dass die Beschäftigten zum Inkrafttreten der neuen Vereinbarung eine einmalige Zahlung in Höhe von 1.000 Euro erhalten. Um Leistungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Jahressonderzahlungen davon abzugrenzen, werden diese im Sozialversicherungsrecht als Einmalbeträge bezeichnet.

Tarifliche Einmalzahlungen: Wer hat Anspruch?

Anspruch auf kalenderjährliche Einmalzahlungen haben alle Mitarbeiter, die nach geltendem Tarifvertrag beschäftigt sind. Für gewöhnlich tritt der Anspruch nach einer gewissen Mindestbeschäftigungszeit in Kraft, zum Beispiel nach sechs Monaten oder einem Jahr.

Teilzeitbeschäftigte erhalten einen anteiligen Betrag, der dem Verhältnis ihrer vertraglich festgelegten Arbeitszeit entspricht. Arbeitnehmer, die ihre Beschäftigung erst im Laufe eines Kalenderjahres aufnehmen, haben ebenfalls nur anteiligen Anspruch.

Wiederkehrende tarifliche Einmalzahlungen sind pfändbar

Der Pfändungsschutz für das Arbeitseinkommen ist in der Zivilprozessordnung geregelt (§§ 850 ff ZPO). Die unpfändbaren Lohnbestandteile sind in § 850a ZPO aufgeführt. Dazu gehören zum Beispiel Erschwerniszuschläge, das Urlaubsgeld und Aufwandsentschädigungen. Beim Weihnachtsgeld bleibt ein Anteil von 670 Euro pfändungsfrei (Stand: Juli 2022).

Wie verhält es sich nun mit der tariflichen Einmalzahlung?

Als Jahressonderzahlung stellt sie eine Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Leistung dar, hat also Vergütungscharakter. Selbst wenn sie zum Ende des Jahres ausgezahlt wird, ist sie daher nicht als Weihnachtsgeld anzusehen und entsprechend auch nicht teilweise pfändungsfrei.

So hat das Bundesarbeitsgericht bereits im Jahr 2012 entschieden (BAG 14.03.2012, 10 AZR 778/10) und das Urteil bei einem weiteren Prozess im Jahr 2016 bestätigt (BAG 18.05.2016, 10 AZR 233/15).

So verhält es sich mit nicht wiederkehrenden tariflichen Vergütungen

Wiederkehrende tarifliche Einmalzahlungen sind dem Gehalt des Monats zuzurechnen, in dem sie ausgezahlt werden. Für nicht wiederkehrende zahlbare Vergütungen gilt §850i ZPO: Werden diese Leistungen gepfändet, kann der Schuldner beim zuständigen Amtsgericht einen Antrag auf Freigabe stellen.

Das Amtsgericht hat dem Schuldner eine Summe zu überlassen, die nach freier Einschätzung des Gerichts dem pfändungsfreien Betrag des laufenden Arbeitseinkommens entspricht. Bei der Entscheidung sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners sowie die Belange der Gläubiger zu berücksichtigen.

P-Konto: Schützen Sie Ihr Arbeitseinkommen vor Pfändung

Damit Schuldner weiterhin ihren Lebensunterhalt decken können, steht ihnen ein Pfändungsfreibetrag zu. Seit dem 1. Juli 2023 beträgt der Grundfreibetrag 1.402,28 Euro. Für jede unterhaltspflichtige Person erhöht sich der pfändungsfreie Betrag. Die genauen Summen sind der Pfändungstabelle zu entnehmen.

Liegt eine Lohnpfändung vor, rechnet der Arbeitgeber den pfändungsfreien Betrag aus und überweist diesen an den Schuldner. Den restlichen Anteil des Arbeitseinkommens erhalten die Gläubiger. Bei einer Kontopfändung müssen Sie dagegen selbst aktiv werden, um Ihren Freibetrag zu schützen.

Am einfachsten gelingt dies, wenn Sie bei Ihrer Bank ein P-Konto einrichten lassen. Der Grundfreibetrag gemäß Pfändungstabelle bleibt Ihnen damit automatisch erhalten. Weitere pfändungsfreie Bezüge können auf Antrag freigegeben werden (siehe P-Konto-Bescheinigung).

Foto: HaDeVau / stock.adobe.com

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
Oliver Schulz

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

Nach oben scrollen